Text: Michael Gratzer / Fotos: Stadtfeuerwehr Leibnitz
Die Feuerwehr Leibnitz zählt zu den ältesten Feuerwehren im Bezirk Leibnitz. Gegründet im Jahr 1871, sorgt sie mittlerweile 150 Jahre für die Sicherheit der Bevölkerung in der Bezirkshauptstadt und auch über die Stadtgrenzen hinaus. Mit einem rauschenden Fest wurde am 11. September 2021 das runde Jubiläum groß gefeiert. An diesem Tag gab es Schauübungen für die Bevölkerung, drei neue Einsatzfahrzeuge wurden gesegnet und mit musikalischer Umrahmung wurde ein besonderer Tag abgeschlossen. Hierzu können sie alles in einem anderen Artikel nachlesen.
Im Folgenden dürfen wir Sie auf einem Streifzug durch 150 Jahre Leibnitzer Feuerwehrgeschichte mitnehmen – einer Geschichte voller spannender Erzählungen, Fakten und zahlreichen verblüffenden Dingen.
Am 1. April 1871 wurde die Feuerwehr Leibnitz offiziell gegründet. Die ersten Vorläufer in der Region gab es jedoch bereits viel früher – so wurde bei Ausgrabungsarbeiten zur Zeit des Ersten Weltkrieges der berühmte Feuerwehrstein in Flavia Solva gefunden. Dieser besagt, dass bereits 70 Jahr nach Christus eine Freiwillige Feuerwehr am Werk war. Mitglieder genossen zur damaligen Zeit Privilegien, weshalb es einen regen Zulauf an Mitgliedern gab.
Am 3. Mai 1871 fand die offizielle Gründungsversammlung statt, in der Gustav Ritter von Krätzig nach zwei erfolglosen Wahlvorgängen als erster Kommandant gewählt wurde. Am 20. Mai setzte man die Versammlung fort und beschloss einen vorgelegten Entwurf einer Dienstordnung, welche zwei Tage später beim Abschluss der ersten Versammlung noch um ein paar Punkte ergänzt wurde.
Die ersten Jahre nach der Gründung waren jedoch nicht leicht zu bewerkstelligen. Hauptproblem war die fehlende Ausbildung der Mitglieder. Unter Eigenregie versuchte man diesem jedoch Herr zu werden. Ein weiteres Problem war die teils fehlende Einsatz- und Übungsmoral der Männer. Fehlendes Verständnis und böse Verurteilungen der Bevölkerung waren nicht hilfreich – ebenso die finanziellen Herausforderungen. Diese waren ein Grund, warum man vom Gemeinderat statt eines Rüsthauses nur Turnsäle für die Unterbringung der Gerätschaften zugesprochen bekam.
Zum 25-jährigen Jubiläum konnte man bereits auf eine stolze Bilanz zurückblicken: In diesem Vierteljahrhundert rückte die Feuerwehr Leibnitz zu 142 Bränden inner- und außerorts aus. Zusätzlich rückte man auch zu Hilfeleistungen bei vier Überschwemmungen aus. Doch die Probleme wurden nicht weniger. Denn bei den Pferdebesitzern herrschte eine Abneigung, ihre Tiere zur Bespannung zur Verfügung zu stellen. Weshalb die Gemeinde eine Tariferhöhung für die Bereitstellung beschloss. Dies führte in Folge dazu, dass ein regelrechter Wettbewerb unter den Besitzern ausbrach, um die Prämien zu erhalten.
Der 7. September 1914 war ein bedeutender Tag in der Geschichte der Feuerwehr Leibnitz. Die Gründung einer eigenen Rettungsabteilung mit Anschluss an den Zweigverein des Roten Kreuzes wurde beschlossen. Dieses hatte zwar die benötigten Gerätschaften und Ausrüstungen, die Leute fehlten jedoch. Bei der Feuerwehr war es genau umgekehrt. Von April 1914 bis April 1915 beförderte man 412 Kranke und Verwundete vom Bahnhof in ein Reservespital im Leibnitzer Stadtgebiet.
Im Jahr des 50-jährigen Bestehens bekam die Feuerwehr einen zweiten Löschzug. Mit Gemeindevertretern der Siedlung in Wagna wurde die Gründung einer Lagerfeuerwehr beschlossen, welche fortan als „Rüsthaus 2“ betitelt wurde. Die Stammfeuerwehr in Leibnitz erhielt den Namen „Rüsthaus 1“. Stolz zeigte man sich in Anbetracht der ersten 50 Jahre, in welchen man zu gesamt 279 Einsätzen ausrückte. Doch wegen der Geldentwertung in Folge des Krieges war der Bau eines neuen Rüsthauses undenkbar – das bestehende Objekt wurde lediglich generalsaniert. Mit dem Jahr 1926 begannen dann die Planungen zur Anschaffung eines Autolöschzuges. Das folgende Jahr stand ganz im Zeichen der Geldmittelbeschaffung eben jenes. Auf alle erdenklichen Weisen konnte dies bewerkstelligt werden und ein Austro Fiat angekauft werden. Zwei bis drei Einsätze pro Tag waren so bereits zu bewerkstelligen.
Mit dem Jahr 1931 endete jedoch die mustergültige Führung des Vereinsarchives abrupt. Für die nachfolgenden 14 Jahre kann die Zahl an Ausrückungen nicht mehr eruiert werden. Geschichten und Zahlen stützen sich lediglich auf Augenzeugenberichte und Darlegungen von langjährigen Kameraden. Bis 1945 blieb überhaupt nur ein Schriftstück erhalten, welches von der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz stammte. Darin wurde der Feuerwehr und Rettungsabteilung staatsfeindliches Verhalten vorgeworfen. Grund dafür war das Fernbleiben bei einem Staatstrauergottesdienst, was zu jener Zeit die Wogen politisch hochgehen ließ. Einsätze wurden in kriegsähnlichen Zuständen bewerkstelligt – teils wurden nahegelegene Objekte von Fliegern beschossen. Mit Ende des Krieges war die Feuerwehr Leibnitz jedoch aufgrund von Plünderungen von uniformierten und nicht uniformierten Personen praktisch nicht einsatzfähig. Im Juli 1945 konnte der „normale“ Betrieb langsam wiederaufgenommen werden, Übungen fanden im Mai 1946 wieder statt. Eine große Übung Ende August sollte der Bevölkerung wieder ein gewisses Gefühl von Sicherheit vermitteln. Die Idee vom Bau eines Rüsthauses wurde erneut aufgegriffen, jedoch wegen der finanzschwachen Gemeindeverhältnisse erneut verworfen.
Mit der 83. Wehrversammlung am 28. März 1953 wurde an die Stadtgemeinde Leibnitz ein Ansuchen übermittelt, in welchem es um den Ankauf eines Tanklöschfahrzeuges ging. Im Oktober 1954 kam der heiß ersehnte Nebeltankwagen dann endlich an. Dieser ist bis heute im Besitz der Feuerwehr Leibnitz und hat seinen Platz in der Fahrzeughalle des Rüsthauses. 1962 beschloss man die Anschaffung einer Magirusleiter, eine Ganzstahlkonstruktion, mit einer Steighöhe von 18 Metern.
Eine große Errungenschaft war die Gründung einer Wasserwehr am 30. August 1957. Denn durch die beispiellose Arbeit der Feuerwehr Leibnitz in den nachfolgenden Jahren wurde Wasserwehrkommandant Edmund Zelinka 1967 zum Wasserdienst-Beauftragten des Landesfeuerwehrverbandes Steiermark und Leibnitz damit praktisch zur Landeswasserwehrschule.
In den 70er Jahren nahm der motorisierte Verkehr immer mehr zu. Verstärkt wurde dies durch die Bundesstraße Richtung Slowenien, die von unzähligen Urlaubern auf ihrer Fahrt in den Süden in Anspruch genommen wurde. Schwere Verkehrsunfälle mit vielen Todesfällen und Schwerverletzten waren die traurige Folge davon. Ebenso nahmen die Einsätze nach schweren Unwettern immer mehr zu, bei welchen auch die Wasserwehr gefordert war.
Nach vielen Jahren an Planungen und Überlegungen war es dann im Jahr 1976 endlich geschafft: Am 24. und 25. September wurde das neu errichtete Rüsthaus eingeweiht. Zeitgleich nahm auch die Bezirksalarmzentrale „Florian Leibnitz“ ihren Betrieb auf. Ab diesem Zeitpunkt war es möglich, einige Feuerwehren mittels Funksirenensteuerung zu alarmieren, was die Interventionszeit erheblich verkürzte. Zehn Jahre später war es dann technisch möglich, alle Feuerwehren des Bezirkes Leibnitz zu alarmieren. Betreut wurde sie von Kameraden der Feuerwehr Leibnitz, des weiteren wurde im Rathaus eine Außenstelle installiert, um für Entlastung zu sorgen. Am 1. Juli 1992 wurde am Gendarmerieposten Leibnitz eine weitere Bedienstation von „Florian Leibnitz“ installiert, sodass auch diese Feuerwehren alarmieren konnten. Bis ins Jahr 2009 war die Station im Rüsthaus der Feuerwehr Leibnitz installiert, ehe sie an einen anderen Standort im Stadtgebiet verlegt und im Jahr 2019 dann endgültig in der Feuerwehr- und Zivilschutzschule in Lebring stationiert wurde.
Die 80er Jahre standen bei der Feuerwehr Leibnitz ganz im Zeichen des technischen Fortschritts. Im Juli 1981 wurde im Zuge des Landesfeuerwehrtages ein Schweres Rüstfahrzeug mit Kran in den Dienst gestellt. Im Oktober 1984 konnten 56 Stück Personenrufempfänger in Empfang genommen werden, im selben Atemzug wurde auch ein neues Tanklöschfahrzeug mit einem 4000 Liter Wassertank in den Dienst gestellt. Zehn Monate später kaufte man in Bregenz eine gebrauchte Drehleiter mit einer Steighöhe von 30 Metern an. Am 1. Dezember 1990 verstärkte ein weiteres Fahrzeug den Fuhrpark: ein Tanklöschfahrzeug mit 3000 Liter Wassertank und einem verbauten Schaummitteltank. Der Abschluss des technischen Fortschritts bildete die feierliche Segnung einer neuen Drehleiter am 14. Dezember, welche mit 30 Metern Leiterlänge und erstmalig einem Rettungskorb ausgestattet war.
Was auch in der heutigen Zeit ein großes Problem darstellt, war auch schon damals eine Herausforderung: Schaulustige, die Einsätze behindern. Gleich bei mehreren Großbränden musste man mit derartigen Dingen zurechtkommen, was jedoch die Interventionszeit und Löscharbeiten enorm behinderte.
In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends sorgten zahlreiche spektakuläre Ereignisse für Aufsehen: Ab 2000 veranstaltete die Feuerwehr Leibnitz erstmalig das Stadtfest, was bis zur heutigen Zeit jedes Jahr ein Highlight im Eventkalender des Bezirkes ist. 2002 waren einige Kameraden mehrere Tage über beim Jahrhunderthochwasser in Niederösterreich im Einsatz. Ein Jahr später fiel nach einem Blitzschlag die komplette Florianstation aus, weswegen die Alarmierung nicht funktioniere und man praktisch für den gesamten Bezirk Leibnitz mitverantwortlich war. Ende des Jahres brannte an der Grenze in Spielfeld ein komplettes Bürogebäude des Zollamtes aus. Das tragischste Unglück ereignete sich am 18. Juni 2005: Eine mit Absicht herbeigeführte Explosion in einer Pizzeria im Einsatzgebiet von Wagna kostete zwei Kleinkinder das Leben – sie konnten nur noch tot aus den Trümmern geborgen werden.
Im Jahr 2007 wurden beim Bezirksfeuerwehrtag, welcher im Zuge des Stadtfestes veranstaltet wurde, gleich drei neue Fahrzeuge feierlich gesegnet: ein Schweres Rüstfahrzeug, ein MTF und ein Atemluftfahrzeug, welches in Eigenregie aufgebaut wurde. Just während der 140-Jahr-Feier im Jahr 2011 wurde man von der Feuerwehr Heimschuh mit der Drehleiter zu einem Dachstuhlbrand alarmiert. Noch während der Aufräumarbeiten folgte mit einem Kellerbrand in einem Seniorenwohnheim im Stadtgebiet der nächste Einsatz.
2014 stellte man zwei neue Einsatzfahrzeuge in den Dienst: Nach fast 30 Jahren wurde das Tanklöschfahrzeug von einem neuen Rosenbauer-Fahrzeug ersetzt. Aufgebaut auf einem Volvo-Fahrgestell mit 4000 Litern Wassertank war es das neue Glanzlicht im Fuhrpark der Feuerwehr Leibnitz. Ebenso in den Dienst gestellt wurde ein Mehrzweckfahrzeug. Und 2017 wurde das zweite Tanklöschfahrzeug durch ein Hilfeleistungslöschfahrzeug 2 mit 2000 Litern Wassertank ersetzt.
Zu gleich zwei verheerenden Bränden rückten die Leibnitzer Kameraden im August 2015 aus. Am 8. des Monats erfolgte die Alarmierung zu einer Rauchentwicklung im Bereich des Billa-Marktes in der Bahnhofstraße. Bei genauerer Nachsicht stellte sich heraus, dass die komplette Filiale in Mitleidenschaft gezogen wurde. Insgesamt sechs Feuerwehren kämpften gegen den Brand an, welcher eine Schadenshöhe von rund 600.000 Euro verursachte. Genau drei Wochen später forderte ein Großbrand mit einer Ausdehnung von circa 10.000 m2 am Gelände der Firma Ecoplast in Wildon rund 60 Feuerwehren mit über 500 Kameraden aus sechs verschiedenen Bezirken. Die sommerlich-heißen Temperaturen erschwerten die Löscharbeiten zusätzlich. Mehrere tausend Liter Schaummittel wurden an die Einsatzstelle geschafft, zahlreiche Tragkraftspritzen pumpten unzählige Liter Wasser von der Mur zur Einsatzstelle und sogar ein Flughafenlöschfahrzeug sowie die Berufsfeuerwehr aus Graz waren im Einsatz. Dieser Einsatz ist bis dato der größte Brand im Bezirk Leibnitz im neuen Jahrtausend.
Verheerend endete am 24. März 2020 dann ein Feuer im Reitstall Bergmühle im Ortsteil Kaindorf. Zur Mittagszeit war eine gewaltige Rauchsäule mehrere Kilometer weit zu sehen. Ein Wirtschaftsgebäude stand beim Eintreffen der ersten Einsatzkräfte im Vollbrand und griff auch bereits auf daneben befindliche Objekte über. Da in Österreich zu dieser Zeit bereits der Lockdown wegen der Corona-Pandemie galt, befanden sich zur Alarmzeit die meisten Kameraden zuhause. Auch diesem Umstand war es geschuldet, dass ein weiteres Übergreifen auf benachbarte Häuser, den Wald oder durch den vom starken Wind begünstigten Funkenflug sogar auf Schloss Seggau von den 25 im Einsatz stehenden Feuerwehren verhindert werden konnte.
Deutlich erfreulicher war im selben Jahr die Indienststellung der sehnlichst erwarteten neuen Drehleiter. Am 1. November wurde das Rettungsgerät nach einer Einschulung für die Maschinisten offiziell in den Dienst gestellt. Wie beim HLF 2 vertraut man nun auf einen Mercedes Benz Atego, der von der Firma Lohr-Magirus aufgebaut wurde. Eine Leiterlänge von knapp 30 Metern mit einer theoretischen maximalen Rettungshöhe von 32 Metern ermöglicht das Arbeiten auch in luftigen Höhen. Das neue Schmuckstück erhielt bereits vier Tage später seine „Feuertaufe“. Im dritten Stock eines Wohnhauses in der Rudolf-Hans-Bartsch-Gasse kam es morgens gegen 5:15 Uhr zu einem Zimmerbrand, der sich rasch auf die gesamte Wohnung ausbreitete.
Auch wenn durch das Corona-Virus das Einsatzaufkommen zurückging, bedeutete dies keinen Stillstand. Das Augenmerk lag bei der weiteren und finalen Modernisierung des Fuhrparks. So wurde ein Stapler gekauft und ein neues Hilfeleistungslöschfahrzeug 1 geplant, welches mit einer Ladebordwand ausgestattet sein soll. Im Frühjahr 2021 konnte dieses in Empfang genommen werden. Nun ist es möglich, zeitgleich bis zu sechs Container mit Einsatzmaterialien zu transportieren.
Was aber bereits 150 Jahre zuvor begann, beschäftigt die Mitglieder der Feuerwehr Leibnitz auch noch im Jahr 2021: Die Frage nach einem neuen und vor allem zeitgerechten Rüsthaus. Der jetzige Standort mitten in der Stadt ist alles andere als praktikabel. Verhandlungen und Überlegungen gibt es viele, bisher aber noch ohne konkretes Ergebnis. Die Hoffnung lebt aber weiter...
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